Studienauftrag Luxburgerfeld Egnach

Zitat Jurybericht:

Der Projektvorschlag fasziniert durch die geschaffene Qualität von Dichte in den Gebäudezwischenräumen, welche als Gassen ausgebildet sind. Der Erschliessungsraum weist gute Dimensionen auf, setzt die Baukörper dicht zueinander und strukturiert den Zwischenraum mit Anbauten, dadurch wird Partizipation und Gemeinschaft möglich. Diesem Ansatz wird viel Potenzial als Egnacher Siedlungsmodell beigemessen, um Identität zu schaffen.

Beschrieb

Projekt-Konzept

Die Bauparzellen liegen in der W2 bzw. WA2. Gewünscht sind mehrheitlich MFH und einzelne RH, welche mit einer neuen Strasse von Westen erschlossen werden sollen.

Wir schlagen eine neue Quererschliessung in der südlich Hälfte der Bauparzellen vor, welche parallel zum Seeweg verläuft. Der Streifen zwischen der neuen Erschliessungsstrasse und der bestehenden südlichen Bebauung soll locker mit 3- Geschossigen MFH bebaut werden. Nördlich der Erschliessungsstrasse, im mittleren Teil, soll die Bebauung mit 3-geschossigen MFH mit Attika verdichtet werden. Zwischen dem Schilfweg und der verdichteten Bebauung, als Übergang zu den EFH, werden die 2-geschossigen RH angeordnet. An den westlichen und östlichen Rändern, welche durch Strassenräume von den Nachbarbebauungen getrennt sind, halten wir es für vertretbar, 3-geschossige MFH mit Attika zu platzieren, welche mit ihren Gartenräumen an die Strassen angrenzen und so einen respektablen Abstand einhalten.

Wir schlagen zwei Typologien für die MFH vor. Einen Drei-Spänner für die Miete, mit der Gartenseite nach Nord-West. Einen Zwei-Spänner für das Eigentum, mit der Gartenseite nach Süd-Ost. Mit Ausnahme der mittleren Wohnung beim Drei-Spänner sind alle Wohnräume zweiseitig orientiert, nach Süd-Ost und Nord-West.

Die Stellung der Bauten verändert sich von Süden nach Norden. Sie folgen einer mehrfach geknickten Bewegung, welche mit den MFH an der neuen Erschliessungstrasse beginnt und mit den RH am Schilfweg endet. Diese Abfolge erzeugt spannungsvolle Gassen und Grünräume.

Wir verdichten in der Mitte und reagieren auf die direkt angrenzenden EFH im Süden und Norden mit einer lockeren und weniger dichten Bebauung. Westlich und östlich schliessen wir mit den Gartenräumen an die Strassen an, halten Abstand und vermitteln so zu den Nachbarbauten. Durch Knickbewegungen erzeugen wir spannungsvolle Aussenräume.

 

Freiraum und Erschliessung

Das Prinzip der Freiräume baut auf dem Bernoulli-Prinzip und einem Wechselspiel von sich verzahnenden, konvex und konkav geformten Grün- und Gassenräumen auf. Die Grünräume öffnen sich zum See und machen diesen erleb- und sichtbar. Das bedeutet, dass die Erschliessung der Häuserzeilen über dazwischenliegende Gassenräume erfolgt und die Gartenräume nach aussen, zueinander orientiert sind.

Vom Seeufer her führen konvex geformte offene Grünräume bis zur südlichen Parzellengrenze. Mit einer flächig angelegten pflegeleichten schilf- bzw. riedähnlichen Bepflanzung – einer Iris-Minzen-Wiese – wird das Seeufer mitten in die Siedlung hineingeführt und die landschaftliche Stimmung der Seenähe wird erleb- und sichtbar. Um eine hohe Durchlässigkeit zu erreichen und damit gemeinschaftliches Wohnen zu ermöglichen, führen Kieswege durch die Iris-Minzen-Wiesen Richtung See und zu einzelnen Aufenthalts- und Spielbereichen. Die grosszügigen privaten Gärten und Terrassen sind auf diese grünen „Zungen“ ausgerichtet und können dank der bis 1.5m hoch wachsenden Riedbepflanzung und der grosszügigen Weite die gewünschte Privatsphäre bewahren. Zudem werden unterschiedliche Arten von standortgerechten, landschaftlich geprägten Einzelbäumen wie z.B. Weiden und Pappeln gepflanzt. Die privaten Gärten werden durch Strauchhecken gegliedert und sorgen für Sichtschutz. Die Hauptstränge der Wegführungen sind so ausgebildet, dass sie zugleich die Zufahrten für die Feuerwehr bilden.

Von der Südgrenze führen konkave Gassenräume zum Seeufer. Diese Gassenräume sind mit einer Chaussierung ausgestaltet und dienen der Erschliessung und der Gemeinschaft. Dies wird zusätzlich unterstützt, indem sich die Gassen jeweils zu einem Platz ausweiten. Das sehr durchlässige Wegsystem wird auch hier fortgesetzt und vernetzt die einzelnen Baufelder und Grünräume sowie die benachbarte Umgebung miteinander. Die Eingangsbereiche und auch die den Gebäuden vorgelagerten Velounterstände werden mit Betonpflastersteinen ausgestaltet. Eine Fassadenbegrünung mit unterschiedlichen, den Standorten angepassten Kletterpflanzen verleihen den Gassen ein stimmungsvolles Flair.

Der Erschliessungsbereich wird von Fassade zu Fassade als Transitraum mit Aufenthaltsqualitäten (Wohnstrasse) gedeutet und weitet sich an den Nahtstellen zwischen den Baufeldern aus, so dass dort gewendet werden kann. Die Fahrspur selbst wird mit Betonpflastersteinen belegt und ist damit auch für den Schwerverkehr tauglich. Angrenzend wird eine Chaussierung wie in den Gassenräumen eingebaut. Die Tiefgarage ist über Rampen entlang dieser Erschliessungsstrasse erreichbar. Auch die oberirdische Besucherparkierung ist teilweise hier, sowie an den Parzellengrenzen angeordnet, was dazu führt, dass auch der motorisierte Verkehr sehr komfortabel bedient wird.

Das Prinzip der Aussenräume baut auf dem Prinzip der Bernoulli-Häuser und einem Wechselspiel von sich verzahnenden, konvex und konkav geformten Grün- und Gassenräumen auf. Die Grünräume öffnen sich zum See und machen diesen erleb- und sichtbar.

 

Architektur

Die Wohneinheiten sollen sowohl Seebezug haben als auch am gemeinschaftlichen Gassenraum partizipieren können. Folge dessen sind, bis auf die rein auf den Grünraum orientierte Wohnung beim Drei-Spänner, alle Wohnungen mit einem durchgehenden Wohn- Essraum zweiseitig orientiert. Der durchgehenden Wohn- Essraum schafft helle, zweiseitig belichtete Wohnsituationen mit ganz unterschiedlichen Ausblicksituationen, auf der einen Seite die Weite des Grünraums und Sees, auf der anderen Seite die Nähe des Gassenraum. Dies schafft Identifikation mit dem Ort; d.h. man wohnt gefühlt sowohl am See, wie auch in einer kleinen Gemeinschaft. Die Gassen wie auch die Grünräume haben hohe Aufenthaltsqualität und können zum Verweilen, Spielen oder auch für gemeinschaftliche Aktivitäten genutzt werden. Sie tragen so zu einem belebten Quartier bei.

Die z- und i-förmigen Wohn- Essräume sind im Zentrum verdichtet, so dass sich beim Durchschreiten interessante Raumfolgen ergeben, weit-eng-weit. Die Zimmer sind nutzungsneutral, flexibel nutzbar und direkt über die Wohn- Essräume erschlossen. Die reinen Erschliessungsflächen innerhalb der Wohneinheiten sind zu Gunsten von Wohnfläche auf ein Minimum reduziert.

Der Logik der zweiseitigen Orientierung folgend verfügen die Mehrfamilienhäuser grünraumseitig über eine durchlaufende Verandaschicht und gassenseitig über einzelne Balkontürme. Mit der Verandaschicht öffnen sich die Bauten grosszügig zum Grünraum. Die mehrfach geknickten Fronten begrenzen den Grünraum scharf und kontrastieren spannend mit der organisch geformten Vegetation. Die Balkontürme in den Gassen sind privater. Sie rhythmisieren den Gassenraum, brechen die Höhe und Länge der Gassenfronten und schaffen so zusammen mit den Velounterständen, welche beidseitig entlang der Hausfluchten aufgereiht sind, eine angemessene Massstäblichkeit. Die Balkontürme generieren Erkennungswert und Identität.

Projektart

Wettbewerb: 2018, 2.Preis

Auftraggeber

Steiner AG, Immobilienentwicklung

Mitarbeit

Sascha Mayer, Roland Wittmann, Pablo Huber, Rafael Kalberer

Landschaftsarchitektur

Pauli Stricker GmbH

Verkehrsplaner

bhateam AG

Statik

SJB Kempter Fitze AG