Auf der städtebaulichen Ebene ist ein Gebäudekomplex entstanden, der als ruhiger Zeilenbau den Bahnhofplatz gegen Nordwesten abschliesst. Grosszügige Arkaden verzahnen den Bau mit dem Bahnhofsplatz. Mit den breiten Durchgängen zu den Perrons SBB, den Aufgängen von den Auto- und Veloabstellräumen und den unter den Arkaden geschützt angelegten Warteplätzen für Bus-, Postauto und Wilerbahn unterstreichen sie die Bedeutung dieses Ortes als eigentlicher Dreh- und Angelpunkt, an dem öffentlicher und privater Verkehr auf kürzestem Wege verknüpft werden.
Beschrieb
Das Haus am Bahnhof ist das Resultat eines Studienauftrags, den die SBB Direktion Bauten 1997 unter fünf Architekturbüros durchgeführt hat. Wichtige Stichworte im Programm waren einerseits der Wunsch nach einem baulichen Rahmen für einen Bahnhofplatz als attraktiver Empfangs- und Begegnungsort. Andererseits wurde mit Nachdruck auf das schwierige Marktumfeld hingewiesen, in dem eine Realisierung nur gelingen könne, wenn ein wirtschaftliches Gebäude mit grosszügigen Nutzflächen flexibel auf die Marktbedürfnisse reagieren könne. Den Ausschlag für das nun realisierte Gebäude gab die Ausgewogenheit von überzeugenden städtebaulichen Ansätzen und hoher Wirtschaftlichkeit.
Der zum Bahnhofplatz hin dreigeschossige Baukörper bezieht sich in Stellung und Höhenentwicklung auf das geschützte Aufnahmegebäude der SBB. Der insgesamt fünfgeschossige, zurückgesetzte Rücken tritt klar hinter dem Bahnhofsplatz zurück und reagiert mit seiner Höhenentwicklung auf die Massstäblichkeit des Geleisekörpers. Der westliche Gebäudeabschluss wächst organisch aus dem Zeilenbau. Orientierungswechsel und Höhenentwicklung ergeben eine klare Bezugnahme zur Rheinstrasse. Die kräftig formulierte Kopfausbildung markiert zusammen mit dem Schlossberggebäude den westlichen Abschluss des Bahnhofplatzes. Mit der leichten Richtungsänderung und dem Treppenaufgang zum Hausperron bindet er die Unterführung Rheinstrasse baulich und massstäblich ins Gesamtkonzept ein.
Die Wirtschaftlichkeit ist gewährleistet durch das grosszügige Angebot an Ladenflächen, die sich zum Teil im ersten Obergeschoss befinden. Die sparsame Erschliessung mit nur zwei Treppenhäusern ermöglicht grosse, zusammenhängende und dementsprechend flexibel unterteilbare Geschossflächen. Dem dreigeschossigen Geschäftshaus sind auf zwei Ebenen Stadtwohnungen in attraktiver Lage aufgesetzt.
Der architektonische Ausdruck lebt von der Spannung der transparenten Längsfassade und dem in Sichtbeton ausgeführten „Bügel“ mit nördlichem Abschluss zum Bahngebäude und dem kräftig profilierten Kopfbau zur Rheinstrasse hin. Die gewünschte Nutzung für fensterlose Ladenflächen neben normalen Büroflächen verlangte im ersten Obergeschoss nach einer Fassadengestaltung, die beide Bedürfnisse berücksichtigt. Sie wurde mit einer so genannten Zwei-Haut-Fassade bewerkstelligt, d.h. mit einer inneren Schicht in Holztafelbauweise, nach Bedarf geschlossen oder mit Fensterflügeln versehen und einer davorgehängten, hinterlüfteten Ganzglaskonstruktion. So ergibt sich platzseitig eine spannungsvolle, transparent wirkende 3-Teiligkeit mit Schaufensterfronten hinter Arkaden im Erdgeschoss, Ganzglaskonstruktion im ersten und dem mit farbigen Lüftungsflügeln ausgeführten zweiten Obergeschoss. Dieses Farbkonzept mit 35 verschiedenen auf einander abgestimmten Farben wurden unter dem Motto „Farbbahn“ vom Künstler Charles Bötschi, entwickelt. Ausgewählte Farben begleiten den Besucher in den Durchgängen zu den Treppenhäusern und finden sich im Inneren als grosszügige Farbflächen.
Projektart
Studienauftrag, 1997
Projekt + Ausführung
1999/2000
Auftraggeber
SBB Direktion Bauten, HRS Generalunternehmung Kreuzlingen
Mitarbeit
Jörg Losenegger
Künstler
Charles Bötschi